Der Eishockey-Blog von Held zu Held.

Die bisherige Saison der spusu Vienna Capitals in Zahlen. Ein erster Überblick.

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Mit Statistiken ist das so eine Sache. Manche schwören drauf. Andere verteufeln sie als reinen Zahlenspielerei. Die Erfassung statistischer Daten hat sich in den letzten Jahren im Sportbereich zu einem eigenen Wirtschaftssektor entwickelt. Längst bieten professionelle Firmen alle erdenklichen Lösungen an, um jeden noch so kleinen Aspekt des jeweiligen Spiels aufzudecken. Begonnen hat der Einfluss der Statistik im Baseball, heute findet man sie aber in praktisch jeder Sportart. Ganze Vereine, wie etwa die Oakland A’s in der Major League Baseball, der AZ Alkmaar und der FC Midtjylland setzen mittlerweile auf voller Linie auf statistische Daten. Letztere konnten damit sogar den Meistertitel der ersten dänischen Fußballliga erringen und finanziell deutliche potentere Vereine hinter sich lassen. Auch im Eishockey geht heute nichts mehr ohne Statistiken, besonders in der NHL. Neben banalen Dingen wie Toren und Assists wird das Spiel immer stärker in seine Einzelteile zerlegt, um die eigenen Stärken und die gegnerischen Schwächen aufzudecken. Begriffe wie Corsi, Fenwick, FenClose und PDO haben Einzug gehalten.

Und in der EBEL? Nun, oft wird sie als „Statistikwüste“ bezeichnet. Vergleicht man den Umfang der öffentlich zugänglichen Daten mit der NHL, kann man da durchaus zustimmen. Auch wird die Qualität mancher Werte (z.B. Schüsse aufs Tor) immer wieder in Frage gestellt. Auf die Veröffentlichung der sogenannten „Time-on-Ice“, also wie lange die einzelnen Spieler während eines Spiels am Eis waren, warten wir schon seit Jahren. Okay. Wir haben also wenige Daten und diese sind (möglicherweise) nicht 100% korrekt. So die Ausgangssituation. Trotzdem möchte ich einen Blick in die vorliegenden Zahlen der spusu Vienna Capitals werfen.

Lässt sich die bisherige Saison, der Tabellenstand & das gefühlte Leistungsniveau aus den Stats herauslesen?

Lassen sich vielleicht sogar Trends oder Entwicklungen in Richtung Zwischenrunde und Playoffs ablesen? Die Interpretation von Statistiken ist jedoch eine heikle Sache, daher überlasse ich es euch selbst eigene Schlüsse zu ziehen.

Anfang Januar 2019. 34 Runden sind gespielt. Die Caps haben 23 Spiele gewonnen, 11 verloren und liegen mit 68 Punkten an der Tabellenspitze. Schnell gerechnet sind das durchschnittlich zwei Punkte pro Spiel. Auf 44 Runden hochgerechnet ergibt das 88 Punkte am Ende des Grunddurchgangs. In der Vorsaison haben die Caps diesen mit 93 Punkten abgeschlossen. Mit 112 geschossenen Toren liegt man an 5. Stelle aller EBEL-Vereine. Die 89 Gegentore sind dagegen derzeit der drittbeste Wert der Liga. Laufen die Spiele „statistisch“ so weiter wie bisher, beenden die Caps den Grunddurchgang mit einem Torverhältnis von 145:115. Der Vergleich mit den Zahlen des Vorjahres zeigt mit 146 geschossenen Toren fast den gleichen Wert, mit damals nur 97 Gegentreffern aber deutlich weniger.

Die Tatsache, dass die Capitals offensiv also auf dem Niveau der vergangenen Saison sind verwundert etwas, wenn man einen Blick auf die Effektivität der Torschüsse schaut. In dieser „Scoring Efficiency“ (SE) liegen die Caps mit 8,9% nur an 10 Stelle. Schlechter sind nur die kriselnden Teams aus Villach und Zagreb. Dieser Wert bedeutet, dass man knapp mehr als 11 Schüsse auf das gegnerische Tor benötigt, um einen einzigen Treffer zu erzielen. Bei Heimspielen liegt der Wert bei 9,3%, auswärts sogar nur bei 8,4%. Ein Wert über 10% wird gemeinhin als gut angesehen. Nach der bitteren 2:7 Pleite beim KAC in Runde 13 war hier ein deutlicher Bruch zu erkennen. In den 10 Spielen danach lag der Wert der Caps bei durchschnittlich nur 6,4%. Es macht Hoffnung für den Rest der Saison, dass die Caps ihren SE-Wert in den letzten 10 Runden auf 10,1% hochschrauben können.

Noch ein Vergleich soll diese Zahlen einordnen. Im Grunddurchgang der Meistersaison 16/17 lagen die Caps bei 9,3%, konnten diesen Wert in den Triple-Sweep-Playoffs aber auf 11,3% steigern. Damals sicherlich ein wesentlicher Grund für die Dominanz der Caps auf ihrem Weg zur Meisterschaft. An der Spitze der Effektivität in der EBEL wechseln sich heuer seit Runde 5 nur zwei Vereine ab, Innsbruck und Fehevar. Die Ungarn führen die Liste derzeit mit 12,46% an. Einen so hohen Wert gab es übrigens in der gesamten EBEL in den letzten vier Saisonen nicht! In der laufenden Saison fangen die Caps den schlechten SE-Wert damit auf, dass sie so viel wie kein anderes EBEL-Team auf das gegnerische Tor schießen. Insgesamt 1258 Mal wurde der Puck bisher abgefeuert. Bei jedem Heimspiel versuchen es Vause, Holzapfel, Schneider und Co. durchschnittlich 40 Mal, den gegnerischen Goalie zu bezwingen. Dem Gegner überlässt man dagegen daheim pro Spiel nur 30 Schüsse, auswärts sogar nur 28.

Neben der Effizienz über die ganze Spielzeit gesehen, spielen die Special Teams eine wesentliche Rolle. Ein erfolgreiches Powerplay (PP) und Penalty-Killing (PK) können in engen Spiele der entscheidende Faktor sein. Beginnen wir mit dem Positiven. Das Unterzahlspiel der Caps darf man mit 81,8% als solide bezeichnet werden. Bemerkenswert dass den 23 Toren, die man in Unterzahl kassiert hat, 8 Shorthander gegenüberstehen. Liga-Bestwert. Ein deutliches Indiz für den Fokus auf Schnelligkeit, den das Trainerteam heuer setzt. Ligakrösus in dieser Kategorie ist Linz mit 88,4%, Auch dieser Wert wurde seit Jahren von keinem anderen Team erreicht.

Wo Licht, da aber immer auch Schatten. Wo Positives, da auch Negatives. Man muss kein Statistik-Freak sein um zu sehen, dass sich die Caps heuer in Überzahl sehr schwer tun. Lediglich 15,6% der Powerplays sind erfolgreich. Auch macht die aktuelle Entwicklung hier wenig Hoffnung auf Besserung. Die PP-Schwäche zieht sich bereits durch die gesamte Saison. Seit Mitte Oktober war man nie über 17%. Die schlechte Quote schmerzt umso mehr wegen der Tatsache, dass man mit 141 Überzahl-Möglichkeiten hinter Salzburg (144) die meisten der Liga hatte. Auch hier soll der Vergleich mir der Saison 16/17 helfen diese Zahlen einzuordnen. Nachdem man den damaligen Grunddurchgang mit 20% PP-Quote abgeschlossen hat, erzielte man in den Playoffs fast schon unglaubliche 19 Tore in nur 56 Powerplays (33,8%).

Was bedeutet das für den Rest der Saison?

Eine bessere Schuss-Effizienz, dazu das Powerplay (deutlich) verbessern, das scheinen die beiden wesentlichen Komponenten zu sein, um die weitere Saison erfolgreich zu beenden. Welchen Ausgang das dann am Ende nimmt ist offen. Vereinfacht gesagt, ist es jedoch das Wichtigste in so vielen Spielen wie nur möglich ein Tor mehr als der Gegner zu schießen. Egal, ob in Überzahl oder Unterzahl. Egal, wie viele Schüsse es dafür braucht.

Die großen Wettanbieter listen für den Meistertitel der Caps derzeit übrigens eine Quote von 3,8 an. Besser ist nur Salzburg mit 2,9. Aber ist es nicht genau diese Ungewissheit, die den wahren Reiz ausmacht und uns immer wieder in die Halle lockt? Die Vorfreude auf spannende Begegnungen, tolle Spielzüge und das Kribbeln in den Fingerspitzen, weil man nie weiß was passieren wird. Es wäre doch schade, wenn wir das alles aus den Zahlen und Statistiken lesen könnten.

von Alexander Pucher
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