Insgesamt 10 Neuzugänge gab es (bisher) bei den spusu Vienna Capitals in der Saison 2018/2019. Nicht jeder davon hat das gebracht, was von ihm erwartet wurde. Manche haben die Erwartungen übertroffen, andere konnten diesen nicht einmal ansatzweise gerecht werden. Mit Chris DeSousa, Mat Clark, Marc-André Dorion, Jamie Arniel und Sondre Olden kamen 5 der 10 Neuzugänge von anderen EBEL-Vereinen. Zählt man das Farmteam von Red Bull Salzburg auch noch zum EBEL-Verein, fällt auch Lucas Birnbaum in die Kategorie der ligainternen Wechsel. Kurt Davis (DEL), Alex Wall (GET, Norwegen), Bernhard Starkbaum (NLB) und Patrick Mullen (SHL) aus anderen europäischen Ligen zu den spusu Vienna Capitals. Es ist also kein einziger (nordamerikanischer) Spieler dabei, der seine erste Station in Europa bei den Caps absolviert. Experimente in Wien? (Eher) Fehlanzeige! Und trotzdem ist das keine Garantie dafür durch die Bank überzeugende Neuzugänge geholt zu haben. Doch wer hat uns Hockeyhelden nun überzeugt und wer am meisten enttäuscht? Hier kommt unser persönliches Ranking in gestürzter Reihenfolge.
10. Kurt Davis (Verteidiger)
Davis kam von den kriselnden Krefelder Pinguinen (DEL) nach Wien und war von Anfang an mehr oder minder fehl am Platz. Als Verteidiger mit einer Körpergröße von nur 1,73 Metern ist klar, dass er diesen Mangel an Körpermasse in anderen Bereichen kompensieren hätte müssen. Leider war das in keinem seiner 23 Spiele (17 EBEL, 6 CHL) für die Caps der Fall. Sollte Kurt das lesen, hoffen wir, dass er diese Worte nicht persönlich nimmt, aber im Dress der Wiener hat man – abgesehen von den Jugendteams – nur selten so ein Zniachterl in der Verteidigung gesehen. Nicht nur einmal ist Davis nach einem durchschnittlichen Check durch die Luft geflogen wie ein mit Helium gefüllter Luftballon. Sein Speed, seine Fähigkeiten im Spielaufbau sowie sein Level beim Abschluss waren weder Fisch noch Fleisch. Gepaart mit seinen Körpermaßen und dem teilweise sehr riskanten Stellungsspiel, konnte das nur zur frühzeitigen Reißleine seitens des Caps-Managements führen. Wieder einmal ein aus der DEL kommender Spieler, der alles andere als überzeugend war. Bei Storhamar, seinem neuen Verein in Norwegen, hält er übrigens aktuell nach 7 Spielen bei einem Tor und fünf Assists.
9. Jamie Arniel (Stürmer)
Was haben wir uns über die Verpflichtung von Arniel gefreut. Arniel war immer ein Spieler, den wir uns bei jedem Spiel gegen die Dornbirn Bulldogs in unserem Team gewünscht haben. Leider war die Vorstellung davon schöner, als es dann diese Saison in der Realität gekommen ist. In Dornbirn war er immer als Center gesetzt. In Wien begann er am Flügel, was sich für ihn augenscheinlich genauso falsch anfühlte, wie es für die ZuseherInnen aussah. Er wirkte immer etwas verloren und hatte kaum Zug zum Tor. Als man ihn dann zu Holzapfel und Tessier stellte und die “Center-Linie” (3 eigentliche Center in einer Linie) kreierte, hat es zwar besser geklappt, wurde jedoch schnell von Verletzungen und daraus resultierenden Linienumstellungen zunichte gemacht. Nach 19 Ligaspielen hat sich Arniel am Knie verletzt und kam seitdem nicht mehr zum Einsatz. Eine Verletzung, die man natürlich niemanden wünscht, die jedoch auch neue Chancen für das Team ergeben hat. Dazu aber später. Die Zeit von Jamie Arniel bei den spusu Vienna Capitals ist ohne weitere Verletzungen anderer Spieler (bis zum 15. Februar 2019) wohl vorbei.
8. Mat Clark (Verteidiger)
Clark bringt eine Komponente mit von der wir in der ganzen Mannschaft zu Beginn der Saison nicht all zu viel hatten: einen mächtigen Körper, der 1,91 Meter groß ist und knapp über 100 kg wiegt. Wahrscheinlich spielt er auch genau das, was man sich von ihm erwarten konnte. Einfache Spielzüge in der Verteidigungszone, viel Einsatzzeit in Unterzahl um vor dem Tor abzuräumen oder Schüsse zu blocken und den einen oder anderen Check austeilen. Er ist eben ein klassischer Stay-at-home-Verteidiger und mit Sicherheit kein Top-4-Verteidiger, der auch etwas zum Angriff beiträgt. Vor allem gegen schnellere Teams machen sich seine Defizite bemerkbar, die mit einem Wort zusammengefasst werden können: Langsam. Sowohl eisläuferisch, als auch gedanklich ist seine Behäbigkeit vor allem gegen Top-Teams offensichtlich. Setzt dann auch noch die Müdigkeit ein, funktionieren auch die Basics nicht mehr und resultiert wie im letzten Heimspiel gegen die Graz 99ers zu Gegentoren. Insgesamt erwarten wir uns mehr von einem Legionärs-Verteidiger, auch wenn er im Caps-Dress mit 4 Toren (3 EBEL, 1 CHL) schon genauso viele Tore wie in den 6 Jahren davor insgesamt geschossen hat und wie ein Löwe kämpft.
7. Lucas Birnbaum (Verteidiger)
Aus unserer Sicht war es schlau Lucas Birnbaum im Laufe der Saison zu verpflichten. Einerseits, weil man dadurch die langwierige Verletzung von Dominic Hackl problemlos kompensieren konnte (auch wenn Dave Cameron noch nicht so viel Vertrauen in Lucas hat). Andererseits, weil Birnbaum im Vergleich zu den Verteidigern im Nachwuchs der Caps-Organisation ein wahrer Hüne ist und somit für die Zukunft benötigte Fähigkeiten in die Organisation bringt. Außerdem arbeitet er sehr gut mit dem Schläger und hat auch aufgrund seiner Größe eine gute Reichweite. Schafft er es sich auch noch körperlich zu verbessern und robuster zu werden, steht ihm aus unserer Sicht für eine Zukunft als solider EBEL-Verteidiger nichts im Weg. Da seine tatsächliche Spielzeit bisher jedoch eher überschaubar war, ist er in unserem Ranking nur auf Platz 7 zu finden. Trotzdem sehen wir die Verpflichtung von Lucas Birnbaum sehr positiv.
6. Alex Wall (Verteidiger)
Seine Verpflichtung ist wahrscheinlich eine, die man am ehesten als Experiment ansehen kann. Alex Wall kam direkt aus der Norwegischen GET Ligaen von Frisk Asker zu den Caps, also aus einer Liga, die vom Niveau her doch deutlich unter der EBEL anzusiedeln ist. Wie hat sich Wall nun bei den Caps bisher präsentiert? Eisläuferisch sau stark, nur schießen sollte ein anderer. Teilweise macht es richtig Spaß ihm beim Skaten zuzusehen. Einmal im Angriffsdrittel angekommen, ist es meistens jedoch vorbei mit dem Spaß. Im Powerplay hat man es mit ihm (vor allem aufgrund von Ausfällen während der Mini-Krise) versucht, war aber nicht wirklich erfolgreich. Den tödlichen Pass oder andere zündende Ideen bringt er auch nicht mit und wenn er zu einer Schussmöglichkeit kommt, muss man eigentlich gar nicht hinsehen, denn Tor wird es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit keines. Was bleibt ist ein Verteidiger, der aufgrund seiner eisläuferischen Fähigkeiten sehr beweglich ist, aber offensiv wegen seines Mangels an Kreativität und seiner Abschlussschwäche nicht das bringen kann, was er eigentlich als Top-4-Verteidiger mit massig Eiszeit bringen müsste.
5. Bernhard Starkbaum (Torhüter)
Ein konkurrenzfähigen Back-Up-Goalie oder 1-B-Goalie war für die spusu Vienna Capitals dringend nötig. Umso erfreulicher war es, als man den geborenen Wiener und Österreichischen Nationalteam-Goalie für diese Position hinter/neben Jean-Philippe Lamoureux gewinnen konnte. Nach einem für ihn verkorksten Saisonbeginn mit einigen Spielen auf der Tribüne als überzähliger Legionär beim Schweizer NLB-Verein EHC Kloten wechselte Starkbaum zurück in seine Heimatstadt. Seitdem zeigt er eigentlich genau das, was wir in der EBEL – nicht im Nationalteam – von ihm kennen. Während er es bei Weltmeisterschaften mit Top-Saves regelmäßig in die Highlights des Tages schafft, waren seine Leistungen in den letzten zwei Saisonen bei Salzburg zwischen Himmel und Hölle, übertrieben ausgedrückt. Ähnlich ist es im Trikot der Caps: Gute Leistungen wechseln sich mit verbesserungsfähigen Leistungen ab. (Sein Fangquote ist nach dem Grunddurchgang übrigens genau die gleiche, wie letzte Saison in Salzburg.) So richtig konstant war er bisher im Gelb-Schwarzen Trikot nicht. Und trotzdem kann seine Verpflichtung Gold wert sein/werden. Wenn alles passt ist er ein Top-Goalie und kann einen schwächelnden Jean-Philippe Lamoureux vollwertig ersetzen.
4. Sondre Olden (Stürmer)
Sondre Olden war schon vor der Saison ein Wunschspieler der spusu Vienna Capitals. Zagreb konnte ihn mit einem besseren Angebot jedoch weiter in der kroatischen Hauptstadt halten. Vorerst. Aufgrund einer Verletzung ist er schon früher als andere vom sinkenden Schiff der Zagreber Bären gesprungen. Anfang November 2018 machte er sein letztes Spiel für die Kroaten. Ende Dezember stand er im Spiel gegen Orli Znojmo wieder am Eis, diesmal allerdings für die Caps. Olden ist trotz seiner Größe sehr beweglich, arbeitet verlässlich in beide Richtungen und ist immer für ein Gusto-Stückerl gut. Auch im Powerplay hat man durch ihn nun neue Möglichkeiten. So richtig Früchte getragen hat es bisher jedoch nicht. In den letzten Spielen vom Grunddurchgang ist der Norweger etwas abgetaucht. 2 Tore (beide gegen maximal mittelmäßige Dornbirner) und kein Assist von Runde 40 bis 44 sind für einen Spieler seiner Klasse zu wenig. Dennoch kann man bzw. muss man davon ausgehen, dass sich Sondre Olden wieder steigert und ein Game-Changer sein kann. Aus unserer Sicht ist er außerdem deutlich besser als Arniel, den er im Line-Up seit dessen Verletzung ersetzt.
3. Marc-André Dorion (Verteidiger)
Bei den Black Wings Linz ausgemustert und die Freundin studiert in Wien – irgendwie hätte man auf den Transfer auch von alleine kommen können. Marc-André Dorion war bis zu seiner Verletzung am Handgelenk – auch wegen überschaubarer Alternativen – DER Top-Verteidiger in der Caps-Defense. Wir würden ihn als Allround-Verteidiger beschreiben, der zwar keine richtigen High-End-Qualitäten hat, aber auch in keinem Bereich bloßhappert ist. Hinten steht er solide und kann Drucksituationen spielerisch lösen. Vorne schaltet er sich immer wieder in die Offensive ein und kann als einer der wenigen Verteidiger das Spiel mit guten Pässen lenken. Sein One-timer ist auf jeden Fall nicht mit Ryan McKiernan’s Krachern vergleichbar. In Anbetracht dessen wohin und wie der Rest der Verteidigung so schießt, muss man dafür dankbar sein, wenn es Marc-André Dorion immerhin schafft One-timer gefährlich Richtung Tor zu bringen. Dorion ist ein verlässlicher Verteidiger ohne Wow-Effekt, der aber in nahezu jeder Mannschaft funktionieren kann. Insgesamt eine gute Verpflichtung eines soliden Verteidigers.
2. Patrick Mullen (Verteidiger)
Patrick Joseph Mullen stand eigentlich beim SHL-Verein Linköping HC unter Vertrag, wurde aber nicht mehr gebraucht und schon gegen Ende der letzten Saison an die Adler Mannheim in die DEL verliehen. Für die diesjährige Saison spielte Mullen bei Linköping keine Rolle mehr. Im November 2018 haben die spusu Vienna Capitals dann zugeschlagen. Es sollte kein Fehler sein. Bisher spielte Mullen 21 Spiele in Gelb-Schwarz und scorte dabei 20 Mal, obwohl er bei der Gong-Show gegen Zagreb nicht dabei war. Hinzu kommt, dass er nahezu keine Strafen nimmt. Erst im letzten Grunddurchgangsspiel gegen Innsbruck bekam er seine erste 2-Minuten-Strafe. Er ist – wie viele andere im Kader – kein Spieler, der das Körperspiel sucht, kann aber mit seinen anderen Fähigkeiten überzeugen. Er bringt nicht nur die nötige Ruhe an der Scheibe mit und gerät deshalb nur selten in Drucksituationen, sondern ist offensiv sowohl im Powerplay, als auch bei ausgeglichener Spieleranzahl aufgrund seiner eisläuferischen Fähigkeiten, seiner Kreativität im Spielaufbau und seines genauen Schusses eine Waffe. Man hat immer das Gefühl, dass Mullen’s Aktionen Hand und Fuß haben und nur sehr selten Kurzschlussaktionen sind. Mullen ist eigentlich der Verteidiger, der Davis sein sollte, aber nie war. Ob es jemanden gibt, der sich statt Mullen Davis zurück wünscht? Wir jedenfalls nicht. Mullen ist für uns eine Top-Verpflichtung.
1. Chris DeSousa (Stürmer)
Hat jemand erwartet, dass DeSousa SO einschlägt?! Wir jedenfalls nicht. Vielleicht konnte man es bei unseren bisherigen Beschreibungen schon herauslesen: Wir waren mit den Spielergrößen zu Beginn der Saison nicht wirklich zufrieden bzw. konnten uns nicht vorstellen, dass eine Saison mit fast durchwegs kleinen Spielern erfolgreich sein konnte. Als dann im Sommer die DeSousa-Verpflichtung eintrudelte, sahen wir nur den nächsten Zwerg im Kader. Der Eis-Ronaldo, wie ihn ein Österreichisches Schmierblatt nennt, ist aber definitiv ein klassischer Fall von “Klein, aber oho”. In Wien funktioniert er jedenfalls trotz seiner Körpergröße blendend und ist neben dem Tore schießen auch im Zweikampf stark, egal ob vor dem Tor oder an der Bande. Er ist ein Spieler, der seine Linie immer stärker macht und auch an Tagen an denen es für ihn nicht so läuft, für Tore gut ist. Egal, ob am Flügel (wie die meiste Zeit der Saison) oder als Center (seiner zuvor gewohnten Position), Chris DeSousa ist mit Sicherheit der beste Neuzugang der spusu Vienna Capitals in der Saison 2018/2019. Rechnet man das 13:0 gegen Zagreb aus den Statistiken raus, hat er in 43 (relevanten) Grunddurchgangsspielen 26 Tore geschossen (+24 Assists) und ist damit knapp vor der aktuellen Caps-Lebensversicherung Peter Schneider. Sein +/- Wert von +28 (ohne das 13:0 gegen Zagreb) und seine 50 Scorerpunkte in 43 (relevanten) Ligaspielen sprechen Bände. Wenn also die Frage aufkommt, ob Chris DeSousa so weitermachen soll, gibt es eigentlich nur eine Antwort und die lautet: “Sííííííííííííííííííí”.
Fazit
Nur wenige der Neuzugänge überzeugen so richtig und bringen die Qualität mit, die man sich von Seiten der Fans gewünscht hätte. Vor allem die Transfers vor Saisonbeginn kann man als durchwachsen bezeichnen. Am wenigsten vorhersehbar war wohl der Einbruch von Jamie Arniel. Aber auch Mat Clark, Alex Wall und schon gar nicht Kurt Davis sind oder waren das Gelbe vom Ei. Im Gegenzug funktionieren die Nachbesserungen mit Olden, Mullen oder Starkbaum deutlich besser, als es in den Jahren zuvor die Regel war. Insgesamt also eher durchwachsene Neuverpflichtungen bei denen die Lowlights mehr ins Gewicht fallen, als die Highlights.