In der EBEL-Tabelle 2019/2020 sind die Vienna Capitals wie gewohnt vorne dabei. Dennoch läuft das (neue) Rad mit zahlreichen neuen Spielern noch nicht rund. Nach 15 Partien stehen die Wiener hinter Red Bull Salzburg mit 5 Punkten Rückstand auf dem respektablen zweiten Platz. Doch was funktioniert bisher gut? Wo gibt es noch Verbesserungspotenzial? Und welche Spieler stechen bisher heraus? Hier ein erstes Zwischenfazit zur bisherigen Saison der Vienna Capitals.
Eine erste Linie, die ihren Namen verdient hat
Bereits in den Vorbereitungsspielen hat man gesehen, dass die diesjährige erste Linie – bestehend aus Neuzugang Ty Loney, Riley Holzapfel und Sondre Olden – definitiv Spaß machen wird. Diesen Eindruck konnten die drei bisher auch bestätigen. Sie belegen in der internen Scorerwertung die Plätze 1 bis 3 (in der oben genannten Reihenfolge) und sind für 18 der 46 geschossenen Tore verantwortlich.
Alle drei liegen nach der ersten Phase des Grunddurchgangs bei etwa einem Punkt pro Spiel. Abgesehen von den Statistiken ist es auch die einzige Linie, die für Überraschungen gut ist und das gewisse Etwas mit stetigem Torhunger vorzeigt. Sowohl Ty Loney, als auch Riley Holzapfel und Sondre Olden sind Akteure, die Spiele an einem guten Tag im Alleingang entscheiden können.
Eine Küche mit nur einer Wand ist (langfristig) nicht genug
Die Verteidigung der Vienna Capitals ist bis dato eine der größeren Baustellen der heurigen Mannschaft. Schlechtes Stellungsspiel, leichtfertige Pässe, die zu gefährlichen Breakaways oder gar Toren führen sowie fehlende Souveränität fassen die Leistungen unserer Verteidiger am besten zusammen. Oft werden Chancen aus dem Nichts kreiert – allerdings zum Großteil für die Gegner.
Während Kapitän Mario Fischer, Patrick Peter (bis zu seiner Verletzung), Verletzungspechvogel Dominic Hackl oder Lucas Birnbaum, das erfüllen, was man von ihnen erwarten konnte, bleibt vor allem Marc-André Dorion komplett hinter den Erwartungen. Wenig Output, zahlreiche Fehler im Spielaufbau und oftmals kein Einsatz diese auszubessern. Insgesamt ist es einfach zu wenig für einen Verteidiger seiner Klasse. Für uns ist er, Stand jetzt, ein Tauschkandidat. Auch von Mark Flood konnte man sich – nicht im gleichen Ausmaß, aber doch – mehr erwarten. Seine eisläuferischen Qualitäten und sein starker One-Timer sind eigentlich prädestiniert dafür das eine oder andere Tor zu erzielen. Bis jetzt steht bei ihm in der EBEL aber die 0 im Bezug auf den Torerfolg. Wenn Waffen, die man besitzt nicht genutzt werden, kann man auch kein Vorteil daraus ziehen.
Lichtblicke am Verteidigerhimmel stellen Brenden Kichton (“Küche”) und Alex Wall (“Wand”) dar. Speziell die Entwicklung von Alex Wall innerhalb des letzten Jahres ist bemerkenswert. Von einem guten Eisläufer mit hoher Spielintelligenz aber ohne Scoringpunch, ist er zum Go-To-Guy in der Verteidigung geworden. Er kommt nicht nur in allen Spielsituation zum Einsatz, sondern ist auch der Mann mit der meisten Eiszeit pro Spiel bei den Caps und der Verteidiger mit den meisten Toren im Liga-Vergleich. Im Powerplay kommt er seit diesem Jahr ungewohnter Weise im hohen Slot – relativ erfolgreich – zum Einsatz. Während Wall in allen Situationen zum Einsatz kommt, ist Neuzugang Brenden Kichton ein klassischer Offensivverteidiger, der vor allem im Powerplay seine Stärken ausspielen kann. Der viertbeste Verteidiger der Liga-Scorerwertung (3 Tore, 7 Assists) weiß vor allem mit seinen halbhohen Schüssen von den Half Walls und seinem direkten Zug zum Tor zu überzeugen.
Insgesamt wartet in der Verteidigung jedoch noch viel Arbeit auf Headcoach Dave Cameron.
Wo sind sie, die Differencemaker aus Österreich?
Okay, Rafael Rotter ist verletzt, aber wo ist der Rest? Niki Hartl performt gut. Er ist mit Sicherheit kein Differencemaker wie es Rafael Rotter ist, aber er findet immer wieder das Tor, sorgt mit schnellen Kontern für Gefahr und bringt in einer Linie mit Taylor Vause und einem beherzt kämpfenden Klotz am Bein Kyle Baun den Speed mit, den Letzterer vermissen lässt. Aber was kommt nach Hartl? “Brave” Spieler, die ihre Rollen erfüllen. Wukovits, Winkler, Bauer oder Grosslercher können alle als solche bezeichnet werden. Unabhängig vom Alter erweckt keiner von den Genannten Vienna Capitals Spielern den Eindruck, im Laufe der Saison auf Besserung hoffen zu können. Auch nicht wenn ihnen ein erfahrener und bemühter Stürmer wie Mike Zalewski zur Seite steht.
Zusätzlich könnte man ein Trinkspiel etablieren, bei dem jedes Mal ein Stamperl getrunken werden muss, wenn Kittinger den Schläger verliert oder über seine eigenen Beine stolpert. Zumindest ein Damenspitz wäre bei jedem Spiel garantiert. Mehr Beitrag zum Spiel kann man von ihm leider nicht erwarten.
Eventuell schaffen es Neuzugang Henrik Neubauer oder Eigengewächs Fabio Artner ihn im Laufe der Saison in der Kampfmannschaft zu ersetzen. Nach Abgängen von Schneider und Nissner sowie der langfristigen Verletzung von Rotter ist die Situation am Österreicher-Sektor, drastisch ausgedrückt, miserabel. Im Powerplay machen sich alle 10 Legionäre die Plätze untereinander aus und das, aus Mangel an Alternativen, verdient. Keiner der Österreicher könnte das ohnehin schon überschaubare Powerplay in irgendeiner Weise verbessern.
Natürlich sind andere Situationen, wie etwa das Penalty Killing und Shut-Down-Rollen ebenso wichtig. Trotzdem ist es schon ein wenig enttäuschend keinen einzigen Österreicher im Powerplay zu sehen – auch wenn man kein Befürworter der regelmäßigen Legionärsdiskussionen ist.
Mittelmäßige Special Teams & schlechte Scoring Effizienz führen zu gutem Ergebnis
Powerplay: 21,8% Erfolgsquote. Penalty Killing: 83% Erfolgsquote. Beide Werte liegen im Mittelfeld der Liga. Vor allem im Powerplay dauerte es länger um erfolgreich zu werden. 21,8% sind mit Sicherheit kein schlechter Wert. Dennoch strahlt das Powerplay der Vienna Capitals nicht unbedingt Gefahr aus. Ebenso wie im Spiel bei gleicher Spieleranzahl auf beiden Seiten, streben die Wiener eher komplizierte, spielerische Lösungen an, anstatt mit einfachen Spielzügen zum Torerfolg zu kommen. Eine Tatsache, die sich auch in der Scoring Effizienz niederschlägt.
Kein anderes Team schießt so oft wie die Vienna Capitals. Der Höchstwert der Ligakonkurrenten bei den Schüssen aufs Tor hält Salzburg mit 493 Versuchen. Die Caps hingegen schossen in 15 Spielen 559 Mal aufs Tor der Gegner. Allerdings werden die Schüsse meist von aussichtslosen Stellen abgegeben, frei nach dem Motto “Je weiter außen, desto besser!”. Nur 8,2% der Schüsse gehen schlussendlich ins Tor, was den zweitschlechtesten Wert der ganzen Liga darstellt. Nur Tabellenletzter Dornbirn mit 3 Punkten aus 14 Spielen und einer Scoring Effizienz von 6,5% ist schlechter.
Gutes Ergebnis
Trotz dieser mittelmäßigen Werte in Powerplay und Penalty Killing sowie einer katastrophalen Scoring Effizienz, hat man es geschafft stets vorne mitzuspielen und regelmäßig die nötigen Punkte zu holen. Das alles obwohl Local Hero Rafael Rotter und Patrick Peter langfristig fehlen, die (qualitativ hochwertige) Tiefe am Österreicher-Sektor nicht gegeben ist und einige Legionäre (speziell Baun und Dorion) nicht das liefern, was die Caps für mannschaftliche Top-Leistungen benötigen. Mit Ex-KHL-Goalie Ryan Zapolski hat man sich zusätzlich einen Torhüter geholt, der den Wienern schon den einen oder anderen Sieg gestohlen hat. Positiv gesehen bieten ein gutes Ergebnis trotz überschaubarer Performance und zahlreiche Optionen zur Verbesserung Grund zur Hoffnung für den Rest der Saison.